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Rezension:Die Damen mit dem grünen Daumen. Berühmte Gärtnerinnen (Gebundene Ausgabe)

"Rainer Maria Rilke ging in der Zeit seines Pariser Aufenthaltes regelmäßig über einen Platz, an dem eine Bettlerin saß, die um, Geld anhielt. Ohne je aufzublicken, ohne ein Zeichen des Bittens oder Dankens zu äußern, saß die Frau immer am gleichen Ort.

Rilke gab nie etwas, seine französische Begleiterin warf ihr häufig ein Geldstück hin. Eines Tages fragte die Französin verwundert, warum er ihr nichts gebe.Rilke antwortete: "Wir müssen ihrem Herzen schenken, nicht ihrer Hand."

Wenige Tage später brachte Rilke eine eben aufgeblühte weiße Rose mit, legte sie in die offene, abgezehrte Hand der Bettlerin und wollte weitergehen.

Da geschah das Unerwartete: Die Bettlerin blickte auf, sah den Geber, erhob sich mühsam von der Erde, tastete nach der Hand des fremden Mannes, küßte sie und ging mit der Rose davon .Eine Woche lang war die Alte verschwunden, der Platz, an dem sie vorher gebettelt hatte, blieb leer. Nach acht Tagen saß sie plötzlich wieder an der gewohnten Stelle. Sie war stumm wie damals, wiederum nur wieder ihre Bedürftigkeit zeigend durch die ausgestreckte Hand.
"Aber wovon hat sie denn in all den Tagen gelebt?" fragte die Französin. Rilke antwortete: "Von der Rose..." Verfasser unbekannt (siehe: Schöne Geschenk-Geschichten, Für Rosenfreunde)


Diese hübsche Anekdote um Rilke setze ich meiner Rezension bewusst voran, weil sie unmissverständlich verdeutlicht, welche Bedeutung Rosen, vielleicht Blumen generell, ähnlich wie ein nettes Wort oder ein Lächeln für uns Menschen haben. Natürlich können sie nicht unser tägliches Brot ersetzen, aber sie vermögen Lichtblicke zu schenken, ohne die das Leben auf dieser Erde ein Leben im Jammertal wird.

Claudia Lafanranconi und Sabine Frank haben das reich bilderte Buch mit dem Titel "Die Damen mit dem grünen Daumen", das sich mit berühmten Gärtnerinnen befasst, auf den Weg gebracht. Im Wechsel porträtieren die Autorinnen insgesamt 24 Damen, die sie bestimmten Themenbereichen zuordnen. Bei diesen Themenbereichen handelt es sich um:

Die arkadischen Träume der Regentinnen
Die Damen mit dem grünen Daumen
Eine Hommage an die Königin der Blumen
Die Kunst der Pflanzenmalerinnen
Schriftstellerinnen und ihre Liebe zur Natur

Im Vorwort schon wird darauf hingewiesen, dass sich die Idee, dass der Garten das Revier der Frau sei, durch die gesamte Kulturgeschichte bis in die Gegenwart zieht. Bereits in den alten Mythen und Texten begegnet uns die Frau als Gärtnerin, so etwa bei Ovid. Er erzählt von Zephyros, dem Gott des Mittleren Westwindes, der sich in eine Nymphe verliebte, als er diese bloß anblickte. Diese Nymphe herrschte über Blumen, Gärten und Äcker und soll offenbar die Verkörperung des Frühlings dargestellt haben. Auch an Aphrodite wird erinnert, die einen Hain mit Apfelbäumen besaß, in deren Schatten Rosensträucher wuchsen, die sie liebevoll pflegte, (vgl.: S.9).

Katharina de Medici soll rauschende Gartenfeste geliebt haben, keineswegs des persönlichen Vergnügens wegen, sondern um die Mitglieder des Hofes von der angespannten politischen Situation abzulenken. Lanfranconi berichtet von ihrem Garten in Chenonceau im Loiretal, der von dem aus Bologna stammenden Architekten, Maler und Bildhauer Francesco Primaticcio gestaltet worden ist. Diesen Garten hatte Heinrich II. ursprünglich seiner Mätresse Diane de Poitier geschenkt. Nach dem Tode Heinrich II. rächte sich Katharina an Diane, indem sie ihr den Garten wegnahm und zur zweiten königlichen Residenz umbaute. Das erklärte Ziel Katharinas war Diane in den Schatte zu stellen, (vgl. 22). Ich bin mir nicht sicher, ob Katharina, eine fürchterlich machtbesessene, vom Hass zerfressene Frau, dies wirklich gelang. Die beiden Male als ich das Schloss besuchte, dachte ich an die schöne Diane und die ebenso schöne Maria Stuart, die vormals in diesem Garten weilten und wie die Rosen dort ihren feinen Duft, einst ihren legendären Charme versprühten.

Gottlob hat man Gelegenheit die Porträts vieler netter Damen im Buch kennenzulernen, die ich mit mehr Freude mit schönen Gärten assoziiere. Zu diesen Damen zählt Josephine de Beauharnaise, die große Liebe Napoleon Bonapartes und ihr Traumgarten in Malmaison. In ihrem Garten blühten rund 250 Rosensorten. Sie besaß zu jener Zeit die größte Rosensammlung in Europa. Ihre Sammelleidenschaft soll zu einem regelrechten Wettbewerb geführt haben. Dieser führte zur Gründung neuer Rosenschulen im Umfeld von Paris und machte Frankreich zur führenden Rosenzüchternation. Aber nicht nur Rosen befanden sich in diesem Garten, sondern auch mehr als 300 Pflanzen aus der Südsee, aus Lateinamerika und Afrika. Dazu zählten Dahlien, Pfingstrosen, Magnolien und Mimosen, die erstmals auf europäischem Boden gediehen. Josephine soll ein großes Gartenwissen besessen haben. Sie korrespondierte mit den Leitern botanischer Gärten aus aller Welt. Ich denke, sie hat durch die Beschäftigung mit ihrem Garten viel dazugelernt. Das dokumentiert sie durch den Satz: " Wenn ich den Purpur des Kaktus studiere, fühle ich mich glücklicher, als wenn ich den ganzen Prunk betrachte, der mich sonst umgibt,"(vgl. S. 81 ff).

Gefallen hat mir die Lebensbeschreibung der Pflanzenmalerin Maria Sybilla Merians, über die ich vor noch nicht so langer Zeit ein empfehlenswertes Buch las. Mit großem Interesse las ich über andere Pflanzenmalerinnen hier im Buch, nicht zuletzt über Margret Mee, die auf Ihrer letzten Expedition im Jahre 1988, die in der Nacht blühende Mondblume Strophocactus (Selenicereus) wittii" porträtierte,(vgl.: S. 110).

Die Schriftstellerin Elisabeth von Arnim wird thematisiert, die ein Buch über ihren Garten in Pommern verfasste, der weder Roman noch Gartenratgeber war. Als ihre Ehe scheiterte, hielt sie jahrelang für ihren hochrangigen intellektuellen Zirkel in einem Schweizer Chalet Hof. Wie ihr weiteres Leben zeigte, hatte sie aus ihrem Garten wenig gelernt, hauptsächlich nicht, dass Verwelken zum Lauf der Natur gehört, den man zulassen muss, wenn man daran nicht zerbrechen möchte.

Dass man sich im Buch natürlich auch mit Damen wie Gertrude Jekyll, Beth Chatto aber auch mit Sidonie-Gabrielle Colette und anderen mehr befassen kann, möchte ich nicht unerwähnt lassen.

Joséphine und ihre Garteninteressen haben es mir am meisten angetan, weil sie wie kaum eine andere das Geheimnis der Rose begriffen hat, das sich nur begreifen lässt, wenn man diese wirklich liebt. Wie die Anekdote eingangs zeigt, hat der hochsensible Dichter Rilke dieses Geheimnis auch erspürt,auch er liebte Rosen und vielleicht deshalb auch Lou Andreas-Salomé, die in seinen Augen wohl einer Rose glich.
Ein sehr schönes Buch, das ich gerne empfehle.


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