"Tropiaria Helvetica" wird von der "Schweizer Gesellschaft für Gartenkultur" herausgegeben und erscheint einmal jährlich. Thema des Jahres 2011 ist "Farbe im Garten- Von Pflanzenfarben und Färberpflanzen".
Das Buch enthält neun eloquente Aufsätze von Autoren und Autorinnen, die sich von Berufs wegen mit dem Thema intensiv auseinander setzen. Das gilt für die Landschaftsarchitektin der ETH Zürich (Institut für Landschaftsarchitektur) Claudia Moll ebenso, wie für Dr. Annemarie Bucher und Dr. Johannes Stoffler von der Redaktion "Topiaria Helvetica" und alle anderen Verfasser der neun Gartenbetrachtungen.
"Farbe im Garten" beginnt mit einem Zitat von Penelope Hobhouse:"Die Pflanzenfarbe kann zu einem Werkzeug werden, um Dimensionen zu vergrößern oder zu verkleinern, das Gefühl von Wärme und Kühle zu vermitteln, Erregung hervorzurufen oder friedliche erholsame Stimmungen einzuleiten."
Annemarie Bucher fragt, woran sich Farbwahrnehmung und -gestaltung in Gärten orientiert. Beide sind eingebettet in eine Kultur-und Technikgeschichte der Farbe, die die Autorin in ihrem Beitrag gut nachvollziehbar darstellt. In diesem Zusammenhang liest man von der Farbtheorie Issac Newtons, der diese 1672 begründete, als er entdeckte, dass mithilfe eines Glasprismas das farblose, weiße Sonnenlicht in die Spektralfarben, Violett, Blau, Grün, Gelb, Orange und Rot zerlegt und diese erneut zu weißem Licht zusammengefügt werden können. Dies bedeutet, dass Farben eine Folge der Lichtbrechung sind, (vgl.: S.12).
Man wird auch mit Goethes Farbenlehre konfrontiert, erhält in wenigen Worten eine Idee davon und erfährt wer zu Goethes Anhängern im Hinblick auf seine Farbenlehre zählte. Der Maler Delacroix und der Philosoph Schopenhauer gehörten dazu.
Thematisiert werden u.a Farben als Funktionsträger der Natur und auch die Bedeutung des Malens und Färbens. Hier liest man, dass sich im 13. Jahrhundert das Spezialhandwerk des Färbers herausbildete. Farbige Kleidung galt als Luxus und Statussymbol. Für das Blaufärben wurden Indigopflanzen genutzt und nach der Entdeckung der neuen Welt rotes Brasilholz und auch getrocknete Koschenilleläuse, die auf bestimmten Kakteen leben. Rote Gewänder von Päpsten, Kaisern und Königen wurden einst mit der Farbe der Purpurschnecken gefärbt und waren extrem teuer, weil es nicht viele dieser Schnecken gab.
Maler benutzen im Unterschied zu Färbern die Farbe direkt, indem sie diese mit einem Bindemittel vermischt, mittels einem Pinsel oder einer Spachtel auf einen Träger auftragen. Wichtig zu wissen: In der Kunst differenziert man Farbe zwischen ihrem Eigenwert und ihrem Erscheinungswert sowie zwischen ihrer Erscheinungsfarbe und Gegenstandfarbe. Bucher berichtet u.a. von den Impressionisten und hier auch von Monet, der den Garten zum zentralen Thema der Kunst machte. Auch Maler wie Liebermann und Nolde kommen zur Sprache, die Farbe dorthin bildlich zurückführten, woher sie gekommen ist.
Gärten zwischen impressionistischer Farbwirkung und abstrakter Farbform sind ein weiteres Thema. Der Impressionismus mit seiner ausgeprägten Farbensprache gab Anregungen für die Anlage von Beeten und für die Kombination von Pflanzen. Kundige Gartenliebhaber nutzten nun die Farbgesetze der Maler bei ihrer Gestaltung. Die Gartenkünstlerin Gertrude Jekyll war eine von ihnen.
Der Umgang der Farbe und Form in der Moderne kommt in der Folge zur Sprache und auch die Farben der Natur im Hier und Jetzt. In der Kunst nach 1968 ging es in erster Linie darum, Ideen zu kommunizieren, Prozesse in Gang zu bringen und Realitäten zu simulieren und genau diese Haltung spiegelte sich von da an in den Gärten, (vgl.: S17).
Es ist natürlich unmöglich alle Beiträge des reich bebilderten Heftes im Rahmen einer Rezension zu beleuchten. Inken Formann schreibt in ihrem Aufsatz "Von Farbe und Nichtfarbe in der Gartenkunst", dass uns Farbigkeit in der Natur nicht nur in Blütenfarben, sondern in jeglichen Vegetationsteilen, in der Fauna, in totem Baummaterial und in der Atmosphäre begegne, (vgl.: S.20). Farbe könne im Garten als Gestaltungsmittel harmonisch verbinden und auch vermitteln und sei keineswegs nur Gestaltungsmittel der künstlerisch geformten Natur, sondern auch der wilden unberührten. Wissen sollte man, dass Farbe neben Form und Textur, Material und Massigkeit, neben Struktur, Axialität und anderen Eigenschaften zu den analysierbaren Gestaltungselementen des Gartens zählt, (vgl.:S.22).
Formann erwähnt den Gartentheoretiker Hirschfeld, der seiner "Theorie der Gartenkunst" ein eigenes Kapitel geschenkt hat und viele andere intellektuelle Gartengestalter, die sich mit dem Faktor Farbe im Garten auseinandergesetzt haben. Dabei spielt die Farbe Grün in seinen Abstufungen und Variationen eine wichtige Rolle in den gartenkünstlerischen Farbtheorien. Darüber kann man bei Formann Wissenswertes lesen. Die Autorin thematisiert auch viele andere Farben u.a. auch die Farbe Schwarz, die derzeit in edel angelegten Gärten geschätzt wird.
Johannes Stoffler berichtet über den Farbgarten der ZÜGA, einem gelungenen Experiment der Moderne am Zürichsee. Dieser Garten war in zweifacher Hinsicht ein gestalterisches Experiment, weil er einerseits das Thema Farbe vor dem Hintergrund der verändernden Farbästhetik und Pflanzenverwendung durchdenkt und andererseits die Suche nach einer neuen Form reflektiert, die in der Auseinandersetzung mit der Kunst der Gärten der Avantgarden der Moderne zum Ausdruck kommt, (vgl.: S.33).
Mit großem Interesse habe ich im Übrigen Nicole Newmarks Aufsatz "Vom farbigen Staudengarten zum grünen Altersgarten" gelesen. Die Autorin hat sich nach dem Tode ihres Gatten 1989 zu Landschaftsarchitektin ausbilden lassen und machte auf diese Weise ihre Lieblingsbeschäftigung zum Beruf. Ausführlich beschreibt sie die Ausstattung ihrer Gartenräume und man hat Gelegenheit auf Fotos deren Schönheit nachzuvollziehen. Ihre heutige Liebe gilt eindeutig dem Grün, wie sie konstatiert und zwar in all seiner Vielfalt von Formen und Farbnuancen, (vgl.S.47).
Einer der Folgebeiträge befasst sich ausgiebig mit speziellen Pflanzenfarben für die Färberei und schlussendlich werden Farbgärten vorgestellt, die man besuchen kann. Adressen, Zugänglichkeit, Größe und Chronologie dieser Gärten werden genannt. Alle Gärten werden bestens porträtiert und es sind Fotos in die Texte eingebunden, damit man eine visuelle Vorstellung davon hat. Besonders beeindruckt hat mich der "Grünblaue Wüstengarten" in Marrakesch.
Was die Aufsätze in "Topiaria Helvetica 2011" so interessant macht, ist die Quellenrecherche der Autoren. Alle Texte sind mit vielen Fußnoten versehen, welche inhaltlich verdeutlichen, das man hier mit großem Wissenschaftlichkeitsbemühen ans Werk gegangen ist, ohne dabei textlich zu langweilen. Dafür ein besonderes Lob.
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