Die Autorin Anja Maubach und Ferdinand Graf von Luckner haben für das vorliegende, reich bebilderte Gartenbuch "GARTEN IST LEIDENSCHAFT" den Deutschen Gartenbuchpreises 2011 in der Kategorie Bildband erhalten. Dafür zunächst meinen Glückwunsch.
Die Leser sollten m.E. zunächst die wirklich gelungenen Bilder des Fotografen Ferdinand Graf von Luckner auf sich wirken zu lassen, denn die Bilder haben es verdient, das man ihnen Beachtung schenkt. Verdient haben es auch die gut geschriebenen Texte von Frau Maubach innerhalb einer Rezension angemessen gewürdigt zu werden. Auf zahlreichen Bildern übrigens sieht man die studierte Landschaftsarchitektin, die in der 4. Generation eine der ältesten Staudengärtnereien Deutschlands leitet, bei Gartenarbeiten. Diese Bilder zeigen glaubhaft, dass hier keine Theoretikerin schreibt, sondern eine sympathische, praktisch veranlagte Frau, der sehr erdverbunden ist.
Das Buch ist untergliedert in:
- Grundsätze vor dem Anfang, Praktisches und Nützliches
- Pflanzenwissen für jeden Gärtner
- Gestalten - die Grundlagen
- Die Kunst der Beetgestaltung
- Leben im Garten - Tag für Tag
- Gartengestaltung - die hohe Schule
- Gärtnern mit allen Sinnen
- Gartenleidenschaft - ganz persönlich
Maubach fügt am Rand der Textteile immer wieder Zitate ein, die viel über ihr Denken aussagen. Bevor ich ihre Texte zu lesen begonnen habe, betrachtete ich mir nicht nur die Gartenbilder, sondern beobachtete die tatkräftige Gartenbauarchitektin beim Umgraben, Hacken, Pflanzen, kritischen Prüfen der Erdqualität, beim Säen etc. und las auch die von ihr ausgewählten Zitate, um eine Idee von ihrer Geisteshaltung zu bekommen. Hier findet man auf Seite 19 eine Sentenz von ihr selbst, die da lautet "Der Garten wird zu dem, was wir denken". Stimmt. Ich füge hinzu, der Garten macht auch unsere Gefühlswelt sichtbar, zeigt ob diese vielgestaltig und bunt oder eher trist und depressiv ist.
Maubach philosophiert zunächst darüber, auf welche Art und Weise man einen leeren Garten oder einen schon vorhandenen in Besitz nehmen und ihm eine persönliche Note schenken kann. Umgraben ist für "Maubach eine der ältesten Möglichkeiten, Land urbar zumachen, (vgl.: S.29). Bei dieser Tätigkeit sieht man, wie es um den Boden bestellt ist, ob er steinig, humos, verdichtet, locker, mit zahlreichen Regenwürmern versehen ist und eine gute Krümmelstruktur hat, (vgl.: S.29). Die Autorin meint, das Umgraben sei für den Gärtner etwa das, was für den Maler das Bespannen mit einer neuen Leinwand sei, (vgl.: S.29). Dieser Vergleich hat mir gefallen, weil er fast poetisch ist. Ach ja, und noch etwas...:unterhalb der jeweiligen Texte finden sich immer wertvolle Ratschläge, die mit den Worten "Fang an mit" beginnen.
In ihren Betrachtungen zum Thema Kompost, stolperte ich über zwei mich zunächst etwas irritierende Sätze: "Mir ist Kompost heilig. Darum wird er auch ab und an von einem Räucherstäbchen beduftet."( Zitat S. 31) Bei diesen Sätzen musste ich an alte Rituale denken als noch Muttergottheiten verehrt wurden.
Dass die Aussaat den grünen Daumen schult, meint auch meine Mutter und dass man beim Aussäen den Mondkalender zu Hand nehmen sollte, sagt sie auch immer. Aussäen ist tatsächlich eine heilige Handlung, wenn man beim praktische Tun den spirituellen Hintergrund nicht vergisst. Anja Maubach ist, wie es meine beste Freundin liebevoll ausdrücken würde, "spirituell unterwegs" und diese Spiritualität zieht sich durch das gesamte Buch, mit dem sie sich, ob gewollt oder ungewollt vor allen Frauen, die sich in früheren Zeiten mit weißer Magie befassten, respektvoll verneigt.
Für Maubach ist die Erde und sind die Pflanzen beseelt. So kommen auch Sätze zustande wie etwa "Beobachte Deine Pflanzen- Du siehst Ihnen an, ob sie sich wohl fühlen und optimal entwickeln. Wenn Du das Gefühl hast, sie haben Hunger- dann zögere nicht, zu düngen. Mit Fingerspitzengefühl (..).." ( Zitat: S. 37).
Wasser ist für Maubach ebenfalls heilig. Sie bewässert ihren Garten nicht, weil die Pflanzen ansonsten bequem werden. Ich staune. Beim Vermehren setzt sie voraus, dass man im Vorfeld die Geheimnisse der Pflanzen erspürt und erahnt, wann sich die Pflanzen am besten vermehren lassen. Hier ist nach Aussage Maubachs der grüne Daumen gefragt, (vgl.: S. 41). Das sagt meiner Mutter auch immer. :-))
Die Autorin bekundet, dass Schneiden eines Lavendelfeldes eine gute Übung auf dem Weg zu einer guten Gärtnerin sei und berichtet, was sie im Garten schneidet und was das Schneiden bewirkt, (vgl.: S.45). Während des Lesens betrachte ich immer wieder Fotos, die Anja Maubach in ihrer braunen Gartenschürze zeigen. Hier gefällt mir besonders, wie sie andächtig Samen in die Erde streut. (siehe S.49).
Man erfährt wenig später, dass Pflanzennamen Geschichten, über deren Herkunft und Aussehen erzählen und was es mit dem Gattungsnamen auf sich hat, (vgl. S. 51-53) "Aizoon" steht übrigens für immergrün und "cordata" für herzförmig.
Über die Grundorgane der Pflanzen, sprich über deren Wurzeln, weiß Maubach Kluges zu berichten, auch über die Vielfalt der Farben, Formen und Texturen von Blättern, um schließlich weiß sie über das "Blütenwunder" zu philosophieren und auch hier huldigt sie durch ihre geäußerten Gedanken der Mutter Natur, die so viel Schönes hervorbringt. Ihre Liebe gilt den Stauden. Ihr Urgroßvater hat sich in seinem Unternehmen, das er 1888 gründete, bereits mit Stauden befasst. Sie definiert Stauden wie folgt: "Mehrjährige Pflanzen, die unterirdische Überwinterungsknospen bilden, aus denen sie im Frühling wieder austreiben,"(vgl.: S. 65) .
Maubach äußert sich zu Gräsern, die sie als Antennen zwischen Erde und Himmel bezeichnet, schildert ihren Blick auf das "Blumenzwiebel-Theater" und berichtet voller Begeisterung von der Leidenschaft Pflanzen zu sammeln, bevor sie über Eingang des Gartens philosophiert. Diese gartenphilosophischen Einschübe machen das Buch so reizvoll. Die Autorin erklärt aber auch architektonisch Wissenswertes, um Wohnräume im Freien zu gestalten, (vgl.: 81-83).
Sie schreibt über Grenzen und titelt "Grenzen setzen und einfrieden". Damit zeigt sie, dass sie einer wichtigen psychologischen Grundannahme folgt, aber sie weiß auch, das die Höhe der Grenze entscheidend ist. Öffnungen schaffen Einblicke im Garten, aber auch Aussichten. Was der einzelne Gärtner möchte, hängt vermutlich von seinem seelischen Grundmuster ab.
Es ist unmöglich im Rahmen der Rezension auf alle Gedanken Anja Maubachs einzugehen. Ihre Betrachtungen im Hinblick auf den Küchengarten und zu der Kunst Staudenrabatte, hier bezieht sie sich auf die englische Gartenkünstlerin Gertrude Jekyll (1843-1932), anzulegen, fand ich sehr erhellend.
Das Lieblingskapitel im Buch ist für mich jenes, in dem sich Maubach mit kreativen Kombinationen befasst. Ihr Credo lautet "Mut zur Farbe"!. Nicht nur für Maubach, auch für mich sind Farben stimulierend und auch ich widme mich mit Genuss dem Studium der Farbe. Die Autorin hat Freude an der Interpretation von Farben, Formen und Natur von Künstler wie Klee, Itten, Monet und Turner und setzt diese Interpretationen in Gartengestaltungsideen um. Sie thematisiert die Farben Gelb, Blau, Rosa, Weiß, Grün sowie deren pflanzliche Darstellung und schreibt an einer Stelle, die Novalis gewiss gefallen würde: "Ein unbeschreiblicher blitzblauer Traum bleibt der von Meconopsis betonicifolia", dem Himalajamohn. Immer wieder gebe ich mich der Versuchung hin, es "Meconopsis" recht zu machen - aber der Himalaja mit seinen Farnschluchten ist fern," (Zitat: S 121).
Maubach schreibt auch über Monet und dessen Garten, lässt den Leser wissen, welche Pflanzen der Maler heute vermutlich bestellen würde und nennt auch diverse Pflanzen für ein so genanntes Malkastenbeet. Anschließend denkt die Gartenarchitektin u.a. über Mittagsruhe, Abendmagie, Frühlingserwachen, Sommerlaune, Herbstfeuer und Winterruhe nach. Am Rande ihrer diesbezüglichen Überlegungen fand ich eine Sentenz von Elisabeth von Arnim aus dem Jahre 1898, die so schön ist, dass ich sie gerne wiedergebe: "Ach, ich könnte von Freude jauchzen und tanzen, dass der Frühling da ist! Dieses Wiedererwachen von Schönheit in meinem Garten und heller Zuversicht in meinem Herzen." (Zitat. S. 143).
Harmonie und "Goldener Schnitt" sind ein Thema . Hier zitiert die Autorin Meyers Konversationslexikon und nennt die allgemeinen Proportionsregeln, (vgl.: S.155). Anschließend befasst sie sich mit dem Gedanken, dass Muster den Garten ordnen, zeigt wie man Gelände modelliert und einen Felsengarten gestaltet. Gewächshaus-Exotik, kreative Topf-Gärten und temporäre Garten-Ideen bleiben nicht ausgespart, aber auch nicht die Botschaft, dass man einen Garten fühlen sollte. Das kann man, wenn man keine Gartenhandschuhe trägt und barfuß läuft oder sich einfach ein wenig ins Gras legt. Ich liebe es auf diese Weise den Garten zu spüren und mich zu erden.
Die Düfte und Klänge des Gartens sollte man in sich aufnehmen und man sollte sich für besondere Plätze im Garten öffnen, die man als heilige Orte begreifen sollte und Mutter Erde in tiefer Vertrautheit und Verbundenheit küssen, (vgl.: S.195).
Die Liebeserklärungen Anja Maubachs in puncto "Euphorbia", "Allium-Bälle" und Silberkerzen" sollte man aufmerksam lesen und sich in die Sprache der Blumen vertiefen. Ein breites Salbeiband ist übrigens ein Symbol der Gnade. Maubach hat es gepflanzt und wird Jahr für Jahr mit wundervollen Blumen beschenkt. Gnade muss man sich ganz offensichtlich erarbeiten.
Ein tolles Buch, das weit mehr ist als nur ein Ratgeber und zu Recht einen Preis bekommen hat.
Bilder: ©Ferdinand Graf von Luckner/BLV
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Liebe Helga König
AntwortenLöschenDieses Buch liebe ich - Sie beschreiben es so umfassend und inspirierend schön wie es ist. Eine Bereicherung für jeden Gartenliebhaber! Vielen Dank dafür. Viele Grüße Iris Leonhardt