Dies ist meine dritte Rezension zu einer Monographie, die sich mit einer speziellen Blumenart befasst. Diesmal ist es die Fotografin und Autorin Christine Becker, die in Leipzig Theater-, Architektur- und Porträtfotografie studiert hat und seither als Fotografin und Autorin arbeitet, die diese Monographie auf den Weg gebracht hat.
Im vorliegenden Buch befasst sich die Künstlerin mit Christrosen, die für die einen Kinder der Sonne und für die anderen Kinder des Mondes sind. Die Autorin berichtet von ihrer Leidenschaft gegenüber diesen Pflanzen, die für sie die Möglichkeit bieten, die triste Zeit durch Helleborus-Höhepunkte im Garten zu überbrücken und zwar „beobachtend, abwartend, neugierig, ungeduldig, voll Vorfreude und Spannung“.
Das hochwertige Buch ist in die Kapitel
-Spurensuche
-Synonyme
-Heilkunde und Experimente
-Legenden, Fabeln, Dichtung, Mythen
-Beschreibung der Arten
-Pflege
-Gartenhybriden Helleborus x hybridus
-Blüten à la Trompe- lòeil- Schönheit der Vergänglichkeit
-Das Buch/ The book
-Sowie Literatur und Anmerkungen, Bildquellen, Bezugsquellen und Dank gegliedert.
Im Kapitel „Das Buch“ fast zum Ende der Monographie benennt die Autorin in knappen Worten ihre Erfahrungen während der Recherche zu ihrem Werk und fast die Liebeserklärung an die Christrose, die dieses Buch darstellt, nochmals in wenigen Worten zusammen.
Im Kapitel "Spurensuche" erfährt man zunächst botanisch Wissenswertes zur Pflanze mit dem Namen „Helleborus“, die der Familie der Hahnenfußgewächse angehört mit rund 62 Gattungen und mehr als 2500 Arten. Becker lässt den Leser wissen, dass die Ursprünge dieser Bezeichnung aus dem Griechischen kommen, dass die Pflanze einst in der Wildnis wuchs und zu Heilzwecken bei Geisteskrankheiten eingesetzt wurde.
Hippokrates scheint sie als Erster erwähnt zu haben. Ausführlich beschreibt die Autorin in der Folge, wie Philosophen, Theologen, Mediziner, Dichter, Künstler, Botaniker und Enthusiasten in der Antike mit dieser Pflanze verfuhren. So schrieb Plinius der Ältere im ersten Jahrhundert nach Christus, dass die Römer „Helleborus“ zur Weinbereitung einsetzten, (vgl.: S.16).
Es führt zu weit, im Rahmen der Rezension auf all die historischen Betrachtungen einzugehen, die in dem Buch nachzulesen sind und dem Leser verdeutlichen, dass es sich bei Christrosen um ganz besondere Pflanzen handelt. Im „Lorscher Arzneibuch“ aus dem Jahre 800 ist die Pflanze „Helleborus cyclophyllus, veridis und gelisia“ aufgeführt und für verschiedene Rezepturen empfohlen. Hildegard von Bingen erwähnt 600 Jahre später die „Christinia“. Da die Äbtissin Volksnamen für die Bezeichnung verwendeten, kam es leider zu diversen Missverständnissen.
Becker weist auch auf legendäre Abbildungen der Pflanze hin, nicht zuletzt auf Illustrationen des Dürer-Schülers Hans Weiditz und vielen anderen mehr, von denen man einige in diesem Buch kennenlernt. Drei gezeigte Kupferstiche von 1760 sind nach Elisabeth Blackwell entstanden und es folgen viele andere Darstellungen der Pflanze aus vergangenen Zeiten mit ausführlichen textlichen Erläuterungen, die besonders Botaniker begeistern werden.
Interessant finde ich, dass sich seit den 1980er Jahren spezialisierte Gärtnereien rund um den Planeten intensiv mit der experimentellen und praktischen Zucht einer Gartenchristrose befassen und „ Helleborus“ im homöopathischen Bereich an Bedeutung gewinnt. Wilde Christrosen gibt es heute am Wegesrand kaum noch, insofern sind unsere Gärten, so die Autorin heute die Aufbewahrungsorte, Oasen und Inseln für fast verlorene Wildformen geworden.
Becker zählt eine Reihe trivialer Namen für „Helleborus“ auf, wie etwa Orakelblume, Teufelskraut, Nieswurz, Schneerose, aber auch Weihnachtsrose, Namen die darauf hindeuten, dass diese Blume ein Geheimnis in sich birgt, das man möglicherweise erst entschlüsselt, wenn man sich intensiv mit ihr befasst.
Die "Weihnachtsrose" wurde in der Heilkunde schon im Altertum verwendet, das schreibe ich bereits zu Beginn meiner Rezension. So wird im Heilbuch der Araber "Helleborus" gemeinsam mit anderen pflanzlichen Mitteln gegen Lähmungen, Gicht, Zittern der Glieder, Schmerzen der Gelenke, Fisteln, Hämorriden, Kolik und Elephantiasis eingesetzt, (vgl.: S.55). Im Jahr 1800 wird im Handbuch für Polizeianwälte und Beamte der Handel mit weißer Nieswurz verboten und man muss bei verbotener Verwendung 20- 100 Taler berappen, ähnlich wie bei Blausäure, (vgl.: S.57).
Übrigens wurde die Episode über Aurelies Gifttod in Goethes „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ mit Helleborus in Verbindung gebracht. Aurelie litt an Melancholie, die möglicherweise mittels dieser Pflanze geheilt werden sollte. Offenbar deuten einige beschriebene Symptome im Buch darauf hin, (vgl.: S. 65).
Auch in Shakespeares „Romeo und Julia“ geht es um das Gift des Helleborus und selbst Christian Morgenstern schreibt in seinen Galgenliedern von Nieswurz.
In der Folge wird man ausführlich über die Arten dieser faszinierenden Pflanze unterrichtet. Man hat Gelegenheit sich in die schematische Darstellung einer perigynen Blüte mit oberständigem Fruchtknoten zu vertiefen, wird über alle stammlosen Arten ausführlich aufgeklärt, unter diesen befindet sich auch die uns allseits bekannte „Schneerose“, d.h. die weiße Christrose, die unter Artenschutz auf der roten Liste steht.
Auf Fotodarstellungen hat man Gelegenheit Blattformen einiger Wildpflanzen und verschiedener Zuchtarten und Hybriden kennenzulernen und erfährt schließlich auch, wie man die Lenzrose pflegt.
Die Fotografien wartet anschließend mit traumhaften Bildern von Gartenhybriden auf. Jedes Foto erweist sich hierbei als kleines Kunstwerk. Formen und Farben machen deutlich, dass es sich bei diesen Blumen um sehr edle Gewächse voller Ästhetik handelt, die es verdient haben, in einem Buch als Besonderheit dargestellt zu werden.
Christine Becker hat es geschafft, ein Buch auf den Markt zu bringen, das Gartenbuch- und Kunstbuchfreunde gleichermaßen begeistert und dass in meinen Augen das ideale Weihnachtsgeschenk für Freunde der Weihnachtsrose darstellt. Diese Monografie ist etwas ganz Besonderes.
Empfehlenswert.
Im Fachhandel erhältlich
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