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Rezension: Der Garten: Eine Kulturgeschichte (Gebundene Ausgabe)

Das Paradies auf Erden.
Die Autorin des vorliegenden gartenkulturgeschichtlichen Buches- Penelope Hobhouse- gilt als eine der bedeutendsten Vertreterinnen der britischen Gartenschule. Weltweit ist die eine gefragte Gartenbauarchitektin. Im Laufe ihrer Karriere hat sie in Großbritannien , Frankreich, Italien, Australien und in den USA gestaltet.

Die Ursprünge des Gartenbaus findet man in Mesopotamien, Ägypten und Persien. Schon damals war die Grundvoraussetzung für den Gartenbau die Topographie und das Klima. Unabdingbar war auch damals bereits das Wasser.

Die ersten Gärten waren wohl primär Nutzgärten , bei denen die Schönheit nicht im Vordergrund stand, sondern Früchte, Gemüse und Kräuter für medizinische und kultische Zwecke angebaut wurden. Zwei Gestaltungsformen bildeten sich schon recht bald heraus: zum einen der weiträumige Landschaftsgarten , zum anderen der umgrenzte kleinere Garten.

Uralt ist die Idee des Paradieses. In jedem Zeitalter erfährt die Vorstellung von diesem weltlichen Paradies eine neue zeitgemäße Interpretation. Die ersten überlieferten Gärten entstanden in Mesopotamien, vor etwa 6000 Jahren. Ägypter, Assyrer, Neubabylonier und Perser übten sich in der Gartenkunst und schließlich auch Nebukadnezar(605-562), der die hängenden Gärten Babylons seiner Frau Amyitis , sie war eine medische Königstochter, erbauen ließ. In Ägypten wurde das gespeicherte Nilwasser mit einem " schaduf" , einer auf einer Stütze montierten langen Stange gefördert, an deren einem Ende ein Eimer Schlamm das Gegengewicht bildete, während am anderen Ende ein leerer Krug das Wasser schöpfte. Die älteste Erwähnung eines ägyptischen Gartens stammt aus dem Grab eines hohen Beamten aus der Regierungszeit Snorfus(2600-2576 v. Chr.) Maulfeigenbeerbäume waren in diesen Gärten eine Muss. Man vermutet, dass der ägyptische Gartenbau mit der Kultivierung von Weinreben begann. Diese sind auf Abbildung noch häufiger zu sehen als die Dattelpalme.

Viele Pflanzen in unseren heutigen Kräuter- und Blumengärten stammen aus den Gärten der griechischen und römischen Antike. Die Griechen waren nie wirkliche Gärtner; die römische Gartenbaukultur allerdings war hoch entwickelt. Der römische Kaiser Hadrian, so erfährt man, übernahm viele hellenische Elemente wie etwa den Kanopus. Bereits im 3. Jahrhundert schuf der Naturkundler und Philosoph Theophrast mit seiner Naturgeschichte der Gewächse die Grundlagen der Botanik. Die Mehrzahl der von ihm beschriebenen 450 Pflanzen sind Nutzpflanzen, aber es finden sich auch Blumen für Kränze oder Girlanden, so etwa Rosen, Nelken , Majoran, Lilien, Thymian, Pfefferminze, Bergminze und Stabwurz. Interessant ist der Bericht über Pompeji. Auf einer erhaltenen Freske sieht man die Bepflanzung eines Gartens mit Myrte, Efeu und Oleander, Stabwurz und Rosen, dazu Platanen, Lorbeer und Erdbeerbäume. Mit dem Römischen Reich fielen auch seine Gärten , über die die Autorin umfangreich schreibt, in Trümmer, dennoch blieb ihr inspiriendes Erbe.

Himmlische Schönheit und irdische Lust spiegeln die Gärten des Islam. Der Myrtenhof in der Alhambra , die um 1370 von der Nasriden-Dynastie erbaut wurde und bis 1492 in maurischer Hand blieb, ist der besterhaltene muslimische Garten in Europa. Hobhouse berichtet ausführlich über islamische Gärten und deren konstanten Strukturelementen, von denen man aufgrund lokaler Besonderheiten höchstens geringfügig abwich. Von Beginn an ist das quadratische und rechteckige Areal , das von Mauern umgeben und durch ein großes Portal zugänglich ist in vier Sektionen unterteilt und zwar durch Wasserläufe , die wie die vier Flüsse des Lebens entstehen. Der Bau des Gartens der Medina Azahara erforderte den Einsatz von 10 000 Arbeitern , selbst die Ruinen lassen noch die ungeheueren Dimensionen des Gartenpalastes erahnen. Von den Gärten an Timors Hof in Samarkand ist bei den Gärten des Islam die Rede und von denen in Isfahan.

Das Leben in der Frauen im Palast von Kangra in Nordindien spielte sich zumeist in den paradiesischen Gärten ab. Hier konnten die Damen lustwandeln und den leiblichen Genüssen frönen. Babur war der Begründer der Mongolendynastie. Er dichtete, liebte die Pflanzen und die Natur. Sein Lieblingsgarten war der "Garten der Treue". Beeindruckend auch , die Gärten von "Tadsch Mahal" . Das auffälligste dieses Gartens ist der Wasserlauf, in dem sich die Kuppel des Grabmals spiegelt. Er ist übrigens viergeteilt mit einer Marmorplattform an der Schnittstelle des Hauptkanals.

Berichtet wird im Buch auch von der Leidenschaft türkischer Herrscher für Tulpen und für den Sinn für duftende Rosen und Orangen all überall im Orient. Im christlichen Mittelalter schätzte man kleine Paradiesgärtlein , wie von einem unbekannten rheinischen Künstler jener Zeit wundervoll gemalt.In einer flämischen Illustration zum " Roman de la Rose" vom Meister der Andachtsbücher(um 1485) wird ein Lustgarten des 15. Jahrhunderts gezeigt: Mit Springbrunnen, Spalieren, die das Areal unterteilen, Hochbeeten, Rasenbänken und Rosen entlang dem Zaun. Elemente des mittelalterlichen Gartens sind eine Allee, Estraden, Blumenwiesen, Brunnen, die Gloriette, das Hochbeet, Gitterwerk , Rasenbänke und das Viridarium. Rosen spielten in mittelalterlichen Gärten stets eine große Rolle. Es gab damals auch schon ein Gartenhandbuch, das Pietro d`Crescenze verfasst hatte. Über dieses Werk erfährt man im Buch Näheres. Eine französische Miniatur (um 1415) aus einem Manuskript mit Gedichten von Christine de Pisan ( 1364-1430) zeigt ein vornehmes Liebespaar, an einem rosenbedeckten Gatterzaun gelehnt, in der typisch mittelalterlichen Blumenwiese stehend. Die Liebe und ihr Symbol die Rose hatten im Mittelalter ihren Wohnsitz im Garten.

Überirdisch schön waren die Gärten der Renaissance. Beim Renaissancegarten ging es um die Gestaltung des Raums. Kenntnisse der Mathematik und des Zusammenhangs zwischen Standort und Perspektive waren für die Anlage von Gärten ebenso wichtig wie für Architektur und Malerei. Während der Renaissance dienten die Gärten zum Zeitvertreib und zum Vergnügen, gleichwohl erfüllten sie zugleich die Funktion von Kunstgalerien , Museen und lebenden Herbarien. Die Grundelemente des Renaissancegartens waren immergrüne Pflanzen, Mauerwerk und Wasser. Skulpturen fügten sich in das Gesamtkunstwerk stets wundervoll ein. Die symmetrischen Formen, speziell italienische Renaissancegärten beeindruckt den Leser. Im Zusammenhang mit den Renaissancegärten liest man von den diesbezüglichen Extravaganzen Katharina von Medicis.

An den großen Gartenbauarchitekten Le Notre wird erinnert. Er war der Gärtner des Sonnenkönigs und hat die Gärten von Versaille gestaltet.(siehe Rezension Helga König) Im Zuge der Renaissance gab es in der Beziehung zwischen Mensch und Pflanze eine tief greifende Wandlung. Botaniker erforschten und beschrieben die Pflanzen, Schriftsteller und Drucker verbreiteten dieses Wissen, Künstler machten sie zum Objekt ihrer Bilder, Pflanzensammler spürten sie auf, Pflanzenzüchter vermehrten sie und ganze Heerscharen von Gärtnern zogen und pflegten sie. Aus den neu eroberten Ländern kamen bislang unbekannte Pflanzen, so etwa aus Mexiko und Peru . Auch begann man sich der Tulpen in Mitteleuropa zu erfreuen. Das führte in Holland zum so genannten Tulpenfieber , über welches Houbhouse ebenfalls informiert. Dürers Aquarell " Das große Rasenstück "zeigt, wie intensiv die Natur damals studiert wurde. Verschiedene Pflanzenkenner jener Tage, wie etwa John Evelyn werden näher vorgestellt und gezeigt, wie man einst kostbare Pflanzen transportierte.
Weitere Kapitel befassen sich mit dem "Englischen Landschaftsgarten", Lusttempel sind ein nicht hinweg zu denkendes Thema und den "Gärten des 19. Jahrhunderts", mit den damals aufkommenden Glashäusern und den Orangerien.

Auch werden Nord- und Südamerika gartentechnisch beleuchet und es wird an den großen Botaniker Alexander von Humboldt erinnert. Bemerkenswert sind die Kapitel , die sich mit den Gärten Chinas und Japans befassen. In Japan unterliegt die Gestaltung des Gartens der Philosophie des Zen. "Die Gärten vom Naturalismus zur Moderne" bringen die Liebe zu ländlichen Milieu zum Ausdruck. Naturnahe Bepflanzungen dienen dem Zweck die Strenge des Entwurfs abzumildern. Wunderschöne Gärten in England sehen aus wie wohnliche Räume für Blumen und Pflanzen, in dem der Mensch hin und wieder Gast sein darf.

Leider verbietet es der begrenzte Rahmen der Rezension intensiver auf den breit gefächerten Inhalt des Buchs einzugehen. Wenn Sie neugierig geworden sind, dann sollten Sie umgehend das Buch bestellen. Es lohnt sich!
"Der Garten" von Penelope Houbhouse rettet die Leser vor November-Depressionen. Das Buch ist hochinformativ, in seiner Gestaltung wunderschön, von den Bildern her ein Fest für die Augen- mit einem Wort es macht glücklich.


Sehr empfehlenswert.

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